Mit der Zukunftsmission Bildung wollen Mitglieder und Partner im Netzwerk des Stifterverbandes ein Bildungssystem für eine Welt im Wandel mitgestalten, das schneller und nachhaltiger mehr Menschen die Entwicklung der für sie notwendigen Kompetenzen ermöglicht. Dafür kommen engagierte Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einer Gemeinschaftsinitiative zusammen und entwickeln gemeinsam Aktivitäten in starken Allianzen. Um die großen Herausforderungen in Bildung und Wissenschaft zu lösen, braucht es wirkungsvolle Umsetzungspartnerschaften – die gegenüber Entscheidungsträgern mit einer Stimme sprechen, gemeinsame Ziele verfolgen und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass das deutsche Bildungs- und Wissenschaftssystem gezielt und wirksam gestärkt wird. Das ist unser Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft, unserer Demokratie und unseres Wohlstandes.
Eine besondere Rolle kommt dabei Hochschulen zu. Transformationsprozesse, wie die rasante Entwicklung von KI-Systemen, der Klimawandel oder gesellschaftliche und demokratische Umbrüche, erfordern veränderte Kompetenzen für unsere Arbeits- und Lebenswelt, deren Entwicklung an unseren Hochschulen oft noch nicht ausreichend ermöglicht wird. Die Allianz für Future Skills hat das Ziel, dass alle Hochschulen die Förderung von Future Skills strukturell und systematisch in ihre Bildungsangebote aufnehmen. Future Skills verstehen wir dabei als die übergreifenden Kompetenzen, die in Zukunft und in der Gegenwart für souveränes Handeln in einer Welt im Wandel besonders wichtig sind. Gemeinsam arbeiten wir daran, dass Hochschulen ihre diversen Zielgruppen möglichst umfassend für Anforderungen der Lebens- und Arbeitswelt stärken. Diese sollen erforderliche Kompetenzen selbstbewusst und souverän anwenden, auf schwer vorhersehbare Veränderungen adäquat reagieren und den Wandel aktiv mitgestalten können.
Mit der Allianz für Future Skills bringt der Stifterverband Hochschulen, Bildungseinrichtungen, Unternehmen, zivilgesellschaftliche Akteure und die Politik zusammen. Gemeinsam wollen wir ein übergreifendes Verständnis von Future Skills als Schlüsselkompetenzen von morgen formulieren, ihre Anschlussfähigkeit dokumentieren, Anforderungen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft identifizieren, Beispiele aus der Praxis sichtbar machen und Strukturen für Future Skills an Hochschulen fördern. Die Allianz für Future Skills basiert auf übergreifenden Leitprinzipien, die unsere Zusammenarbeit prägen. Die in dieser Charta formulierten Prinzipien stellen dabei ein Fundament für die gemeinsamen Aktivitäten dar.
Future Skills dürfen keine freiwillige Zusatzoption in Studium und Weiterbildung sein, sondern müssen strukturell verankert und mit Ressourcen und klaren Verantwortlichkeiten hinterlegt sein. Hochschulen als Institution müssen dafür die erforderlichen Ressourcen bereitstellen, zentrale Einrichtungen stärken und klare Verantwortung auf Hochschulleitungs- und Fachbereichsebene benennen. Auch müssen sie sichtbar seitens der zuständigen Ministerien in ihrer Zielformulierung und Aufgabenerfüllung unterstützt werden.
Die aktuellen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen erfordern gemeinschaftliche Anstrengungen. So ist auch die individuelle Entwicklung von Future Skills und deren breitenwirksame Förderung eine Gemeinschaftsaufgabe. Es braucht dafür starke Partnerschaften von Hochschulen, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Akteuren und Entscheidungsträgern, um Future Skills kooperativ, kollaborativ und innovationsorientiert zu stärken. Future Skills müssen wissenschaftlich fundiert, relevant für die Praxis in Beruf und Alltag und wirksam für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sein. Hierfür braucht es ein statusgruppen-, institutionen- und bereichsübergreifendes Miteinander in der Identifizierung von Anforderungen und Bedarfen und Inspiration durch internationale Beispiele und Entwicklungen. Qualität von Future-Skills-Angeboten bedeutet dabei Klarheit im fachlichen Fundament, Innovation in der Entwicklung neuer Formate sowie Wirksamkeit in Alltag und Beruf.
Unter Future Skills verstehen wir in der Gegenwart und Zukunft besonders relevante Handlungskompetenzen. Future Skills entfalten ihre Wirkung in Verbindung mit und in Anwendung von Fachkompetenzen. Insbesondere in unsicheren, komplexen und unüberschaubaren Situationen und Entscheidungsfeldern ermöglichen sie reflektiertes und zielgerichtetes Handeln. Sie können nicht nur als ein wissenschaftlicher Diskurs, sondern besonders auch als ein erfolgreiches bildungspolitisches Instrument verstanden werden, das durch flankierende Fördermaßnahmen zunehmend Aufmerksamkeit gewinnt und auch in hochschulische Strategien überführt wird. Zu beobachten ist dabei oft eine Fokussierung auf einzelne Frameworks, weniger auf die gemeinsame Grundidee. Es geht der Allianz darum, übergreifend tragfähige Gemeinsamkeiten voranzustellen.
Future Skills beinhalten sowohl Handlungs- als auch Wissens- und Haltungsanforderungen. Sie schließen an individuellen Dispositionen und gesellschaftlichen Werten und Normen an. Sie können daher nicht top-down vermittelt werden, sondern erfordern einen umfassenden, auch selbstgesteuerten Lernprozess. Sie stellen Anforderungen an neue Lernkulturen, eine Stärkung innovativer Didaktik und erfordern vielfältige Formate, die den diversen Bedürfnissen ihrer Zielgruppen begegnen, relevante Handlungsanlässe schaffen und Reflexion fördern. Je nach Zielgruppe und fachlichem Kontext können jeweils unterschiedliche Future Skills Relevanz haben. Die individuelle Entwicklung von Future Skills ist dabei ebenso wichtig, wie der soziale Austausch im Lernprozess. Future Skills fordern gleichzeitig auch eine Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis und der Struktur von Hochschulen.
Um Future Skills in die Hochschulbildung zu integrieren, bedarf es einer Lehre, die die Vermittlung und den Erwerb von Future Skills aktiv fördert. Capacity Building bedeutet dabei, Lehrende zu motivieren und zu unterstützen, vorhandene Lehr- und Lernformate zu optimieren, neue zu entwickeln und umzusetzen, um die Vermittlung und den Erwerb zukunftsrelevanter Kompetenzen zu fördern. Hochschulen stehen vor der Herausforderung, ihre internen Weiterbildungsstrategien so zu verändern, dass nicht nur eine Anpassung der Curricula, sondern auch eine Weiterentwicklung der didaktischen Kompetenzen der Lehrenden angeregt wird – besonders mit Blick auf die Förderung interdisziplinärer Ansätze und praxisnaher Erfahrungen in und außerhalb von Wissenschaft und Hochschule. Gerade mit Blick auf ein lebenslanges Lernen kommt Lehrenden die wachsende Bedeutung zu, kontinuierlich auf Future Skills vorzubereiten – und damit auf die Herausforderungen einer dynamischen Arbeitswelt und auf ein verantwortliches Handeln in der Gesellschaft.
Bei der Implementierung von Future Skills gibt es viele Wege der Umsetzung in Hochschulen. Viele Kompetenzbereiche sind schon seit Jahren erfolgreich implementiert, oft nur unter einer anderen Begrifflichkeit (unter anderem Schlüsselkompetenzen oder 21st Century Skills) und teils zu wenig strukturell verankert. Andere werden anlässlich aktueller Transformations-Themen wie Digitalisierung, KI oder Klimawandel neu diskutiert und strukturiert. Wichtig ist, dass die vielfach diskutierten konzeptionellen und theoretischen Grundlagen in konkrete Lehr-/Lernpraxis übersetzt werden und gerade dort auch kritisch hinterfragt weiterentwickelt werden können. Erprobte Praxis kann damit einerseits den Resonanzraum Hochschule informieren und gleichzeitig eine neue empirische Basis für die Weiterentwicklung von Konzepten bieten. Die Qualitätssicherung von Future Skills erfordert fundierte wissenschaftliche Begleitung, Wirksamkeitsbelege und regelmäßige Evaluation der Maßnahmen.
Future Skills sind als übergreifende Schlüsselkompetenzen zentral für alle Zielgruppen der Bildungsangebote von Hochschulen: Studierende, Lehrende, Forschende, Mitarbeitende und lebenslang Lernende. Für sie braucht es flexible Möglichkeiten Angebote nutzen zu können. Dies muss sich in Rahmenordnungen und Curricula wiederfinden. Möglich sind dabei integrierende Ansätze zum Beispiel im Rahmen bestehender Fachmodule, aber auch additive Ansätze, die zum Beispiel im Rahmen von Wahlpflichtmodulen unterschiedliche, individuelle Schwerpunktsetzungen, Wahlmöglichkeiten und Lernpfade ermöglichen. Es gilt strategisch und didaktisch zu definieren, welche Future Skills, in welchen Kontexten am besten erworben und nachvollziehbar nachgewiesen werden und dies regulatorisch zu hinterlegen, zum Beispiel im Rahmen von Zielvereinbarungen.
Eine Welt im Wandel erfordert eine Neuausrichtung des Lernens auf allen Ebenen der Bildungskette. Die Relevanz von Future Skills ergibt sich dabei aus dem Zusammenspiel institutioneller Prioritäten, gesellschaftlicher Anforderungen und technologischer Entwicklungen. Neben der Integration von Future Skills in Studium und Lehre rückt auch die "Third Mission" der Hochschulen stärker in den Fokus. Future Skills bieten vielfältige Möglichkeiten, Transfer und gesellschaftliche Wirkung zu fördern – etwa durch wissenschaftliche Weiterbildung, Micro-Credentials oder Learning Nuggets. Harmonisierte und flexible Übergänge zwischen Bildungseinrichtungen und Praxis sind dabei unverzichtbar, um die Kompetenzentwicklung effektiv zu unterstützen. Gleichzeitig brauchen Hochschulen die Fähigkeit, relevante Kompetenzen für zukünftige Herausforderungen zu identifizieren und gezielt zu fördern. Hochschulen tragen die Verantwortung, diesen Prozess dialogorientiert und iterativ zu gestalten. Eine enge Abstimmung mit allen Stakeholdern ist hierbei essenziell. Nur durch kontinuierliche Bedarfsanalysen und Anpassungen können langfristig wirkungsvolle und zukunftsfähige Bildungsstrukturen entstehen.
Future Skills erfordern auch neue, institutionenübergreifende Wege der Zusammenarbeit. Hochschulen sollten sich gegenseitig mit Material und Expertise unterstützen, um die Förderung von Future Skills gemeinsam voranzubringen. Von offenen Bildungsressourcen und offenen Lernökosystemen versprechen wir uns einen besonders starken Hebel. Die institutionen- wie auch länderübergreifende Entwicklung von Future-Skills-Bildungsmaßnahmen profitiert von digitalen und digital gestützten Lernangeboten, die synchron und asynchron Wirkung entfalten können.
Der Megatrend Künstliche Intelligenz (KI) erfordert neue Skills und gleichzeitig auch die Reflexion und Stärkung vielfältiger klassischer Schlüsselkompetenzen. Das Thema kann daher ein geeigneter Aufhänger zur übergreifenden Auseinandersetzung mit Future Skills und ihrer Verortung in unterschiedlichen gesellschaftlichen Transformationskontexten sein. KI-Kompetenz ist dabei nicht allein als technisch-fachliches Funktionswissen (Knowledge) zu verstehen, sondern sollte im Sinne von Future Skills handlungsorientiert (Skills) und wertebasiert (Attitudes & Values) gefördert werden.
Die Charta wurde im November/Dezember 2024 erarbeitet. Die hier formulierten Leitprinzipien basieren auf einem umfassenden Konsultationsprozess mit mehr als 200 Vorschlägen aus einer Community von über 500 an der Allianz interessierten Personen. Sie sind ein Zwischenergebnis der engagierten Zusammenarbeit im Rahmen der Allianz für Future Skills bis Ende 2024 und können regelmäßig aktualisiert werden.